Trampen in Deutschland – Meine ersten Erfahrungen
Nachdem wir auf dem Roadtrip mehrmals getrampt waren, hatte ich, wieder zu Hause angekommen, Lust es einmal in Deutschland auszuprobieren. Wann und wie stand nicht fest, da ich nicht plante es in naher Zukunft durchzuführen. Da kam mir der Gedanke, dass meine Schwester Geburtstag hatte und ich es so früher ausprobieren könnte, als ursprünglich gedacht.
Die Planung – Spontan statt lange voraus
Ich fragte, ob ich frei bekommen könnte und als dies klappte stand meiner Reise nichts mehr im Weg. Ich fragte meinen guten Freund Nico, ob ich zunächst zu ihm trampen könnte und am zweiten Tag zu meiner Familie, da er auf halber Strecke wohnt. Er sagte mir zu und so schaute ich mir meine Route an und teilte sie in kleinere Etappen ein. Die größeren Städte wollte ich auf Schilder schreiben, sodass die Autofahrer wissen, wo ich circa hinmöchte.
Und dann war der Tag schon bald gekommen, da es eine sehr spontane Entscheidung gewesen war. So packte ich einen mittelgroßen Rucksack (ich würde ca. eine Woche bei meiner Familie bleiben) und versuchte, so wenig Kleidung wie möglich einzupacken. Ich zerkleinerte einen Pappkarton und beschrieb einen Streifen mit meinem ersten Ziel: Leipzig.
Es geht los – Tagesziel Braunschweig
Morgens packte ich die letzten Sachen zusammen und fuhr mit der Bahn zur nächsten Autobahnauffahrt. Dort gab es eine Stelle, an der Autos ca. 10m zum Parken hatten und ich platzierte mich und mein Schild so, dass mich die Autofahrer gut sehen könnten.
Einige Autos und LKWs fuhren vorbei. Doch dann hupte mir ein Auto zu, bei dem ich nicht gemerkt hatte, dass es vorbeigefahren und hinter mir angehalten hatte. Es war ein neuer Sportwagen, drinnen saß ein Mann im Alter meiner Eltern. Er fragte mich wo ich hinwollte und da er in die Richtung fuhr, in die ich musste, stieg ich in das Auto ein.
Es stellte sich heraus, dass er in Magdeburg wohnte und mich sogar bis dahin mitnehmen konnte. Das war perfekt für mich. Auf dem Weg unterhielten wir uns über verschiedene Dinge. Er erzählte mir von seinem Job, seiner Vergangenheit und seiner Veränderung bis zur heutigen Zeit. Ich erzählte von meinen Reisen und meinem Studium. Wir hatten Themen wie Sport, Ernährung und vieles mehr.
In den ersten 5min in diesem Auto war ich kurz nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war, einzusteigen, nach und nach wurde mein Gefühl aber besser. Im Endeffekt war es auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Der Mann war super lieb, hat mich noch bis zu einer Raststätte gefahren und mir viel von seiner Familie erzählt.
Da ich alleine unterwegs war, aktivierte ich meinen „inneren Alarm“. Wenn jemand beim ersten Eindruck nicht stimmig ist, würde ich nicht einsteigen. Hör immer auf Dein Gefühl, wenn es dir von Vornherein sagt, dass es keine gute Entscheidung ist in ein bestimmtes Auto einzusteigen, dann lass es! Es wird ein neues Auto anhalten und dort kannst Du dein Glück erneut probieren um auf freundliche Menschen zu stoßen.
Schon nach zwei Stunden war ich in Magdeburg angekommen, viel früher, als gedacht. Das passte mir gut, denn so konnte ich eine längere Pause machen, ein neues Schild nach Brandenburg schreiben und etwas essen. Braunschweig war mein Tagesziel, dort wollte ich mich mit Nico bei seinem Büro treffen.
Nach einer Stunde Pause stellte ich mich an die Autobahnauffahrt der Raststätte und hielt meinen Daumen raus. Nach wenigen Minuten hielt ein vollgepacktes Auto an und ein Vater mit seiner Tochter stiegen aus. Sie meinten, sie würden mich nicht ins Zentrum fahren können, aber führen an Braunschweig vorbei und könnten mich dort rauslassen. Das war mir recht, beide wirkten super lieb und je näher ich an die Stadt kam, desto besser. Da die beiden gerade aus dem Urlaub zurückkamen, war das Auto vollgepackt mit Koffern, sie machten Platz für mich und dann konnte es losgehen.
Bis nach Braunschweig war es nicht mehr weit (ca.45min), aber leider gerieten wir auf der Fahrt in einen riesigen Stau, wodurch sich unsere Fahrt auf 2 Stunden ausdehnte. Da die komplette Autobahn gesperrt werden musste, entschieden die beiden, anders zu fahren und mich doch in der Innenstadt abzusetzen. Das war mir natürlich recht und ich freute mich, dass ich trotz Stau so gut vorangekommen war. Mit den beiden konnte ich auf der Fahrt über das Reisen reden. Sie erzählten von ihrer Tour und davon, dass sie schon mehrfach in Schweden waren.
Als ich in Braunschweig angekommen war hatte ich noch Zeit mir die Stadt anzuschauen bevor Nico fertig war und so lief ich querbeet durch das Citycenter. Schließlich setzte ich mich in ein süßes Café und freute mich, dass der erste Trampingtag so unglaublich gut verlaufen war. Mir waren nur freundliche Menschen begegnet und ich musste keine 5min warten, um mitgenommen zu werden. Ich konnte es selbst kaum glauben, dass es so gut geklappt hatte. Ich war auf den nächsten Tag gespannt und fragte mich, ob es wohl nochmal so gut verlaufen würde und wen ich dieses Mal kennen lernen würde.
Tag zwei – Tagesziel Moers
Abends berichtete ich Nico beim Kochen alles, was am Tag passiert war. Wir schauten uns Fotos vom letzten Urlaub an und gingen früh schlafen. Am nächsten Morgen musste Nico früh arbeiten und er brachte mich vorher an eine Autobahnauffahrt, sodass ich gut weiterfahren konnte. Vorher hatte ich noch das nächste Schild für Hannover gemalt und hielt dies nun vor mich.
Nach ein paar Minuten hielt ein BMW Fahrer an (ich hätte nie gedacht, dass BMW Fahrer Tramper mitnehmen würden 😀 ). Er meinte er könnte mich zur nächsten Autobahn mitnehmen, von da aus würde ich vielleicht besser weiter kommen. Der Mann wirkte freundlich und ich dachte, je weiter ich mitgenommen werde, desto besser.
Er erzählte mir, dass er früher auch viel getrampt war, man Tramper aber heutzutage kaum noch sehen würde. Er war auf dem Weg zur Arbeit und setzte mich an einem Autohof ab, sodass ich von da aus weiterkommen könnte. Leider fahren auf Autohöfen nur wenige Autos raus, wodurch ich etwas länger warten musste. Es gab jedoch einige LKWs, die hier tankten und weiterfuhren. Bald hielt einer an und fragte, wo ich hinmüsste und ich sagte Richtung Hannover. Er meinte er würde nicht dorthin fahren, könnte mich aber trotzdem mitnehmen. Er kam mir irgendwie komisch vor und da er nicht genau in meine Richtung fuhr, stieg ich nicht ein . Ich sagte, dass ich auf ein anderes Auto oder einen anderen LKW warten würde.
Bei diesem LKW-Fahrer hatte ich ein komisches, ungutes Gefühl und daher fiel es mir leicht, „nein“ zu sagen und auf den nächsten Anhaltenden zu warten.
Als nächstes hielt wieder ein LKW an. Oben saß ein älterer Mann, der freundlich aussah und bei dem ich einstieg. LKWs sind wirklich erstaunliche Gefährte, man sitzt unglaublich hoch, muss erstmal hineinklettern und hat in der Fahrerkabine viel Platz. Der Fahrer hatte sogar ein Bett, welches er aufbauen und drin schlafen konnte. Er lieferte jeden Morgen, an Bäcker in ganz Deutschland, flüssige Eier aus. Jeden Tag fuhr er in eine andere Region. Dafür musste er immer gegen 03:00 Uhr aufstehen und konnte mittags zurück nach Hause fahren. Ein wirklich anstrengender Job, aber er meinte man gewöhnt sich an die Uhrzeiten und er hätte dann den ganzen Tag noch vor sich.
Er konnte mich bis nach Hannover auf eine passend liegende Raststätte bringen. Dort konnte ich mein nächstes Schild nach Dortmund schreiben und mich an die Ausfahrt stellen.
Ich hielt mein Schild zwar schon vor mich hin, war aber noch nicht in „meiner Trampingposition“, da hielt ein vollbepacktes Auto an. Ich war mir erst nicht sicher, ob die Menschen nur so anhalten wollten oder wegen mir, aber als der Mann aussieht und mich auf Englisch fragte, wo ich hinwolle, war es klar.
Es war eine belgische Familie mit zwei kleineren Kindern. Sie waren gerade aus einem Schwedenurlaub zurückgekommen und auf dem Heimweg nach Belgien. Als ich hörte, dass sie nach Belgien wollten, dachte ich mir, müssten sie sicherlich durch Nordrhein-Westfalen und könnten sie mich weiter mitnehmen. Als wir auf dem Navi schauten, wie ihre Route war, sahen wir, dass sie sogar durch meine Heimatsstadt fuhren. Ich hatte also das perfekte Auto erwischt. Die Eltern der Kinder waren super lieb und wir konnten uns auf Englisch verständigen (ich konnte auch endlich mal wieder Englisch sprechen *-*). Die Kinder konnten noch kein Englisch und waren etwas schüchtern, da ich zwischen ihnen in der Mitte saß.
Auf der Fahrt redeten wir viel über die Schwedenreise der Familie, über unterschiedliche Dinge in Deutschland und Belgien (z.B. Zugfahren) und über unsere vergangenen Erlebnisse. Die Familie war mir von Anfang an sympathisch und wir verstanden uns super gut. Am Ende brachten sie mich bis in meinen Stattteil und machten dort in einem Park eine Mittagspause. Wir verabschiedeten uns und ich war überglücklich so schnell und gut nach Hause gekommen zu sein. Nun konnte ich zu meiner Familie laufen. Mein Plan war es alle zu überraschen, denn ich hatte niemandem gesagt, dass ich zum Geburtstag meiner Schwester kommen würde.
Die Überraschung
Vor der Haustür bemerkte ich, dass ich den Schlüssel nicht mitgenommen hatte und hoffte, dass meine Schwester zu Hause war, denn beide Autos waren weggefahren. Ich klingelte und schaute durch die kleinen Scheiben unserer Tür, ob jemand kommen würde. Und da kam meine Schwester, sie öffnete die Tür und war sehr überrascht, wo ich denn auf einmal hergekommen war. Wir begrüßten uns und ich erzählte ihr von meiner Idee und Reise. Meine Eltern waren beide noch unterwegs, sodass ich in Ruhe eine Pause machen konnte (das frühe Aufstehen ist einfach nicht meins).
Angekommen 😀 Auch meine „Pupsi“ begrüßt mich *-*
Später als mein Papa nach Hause kam und ich etwas ausgeruht war, wollte ich auch ihn überraschen. Er saß im Wohnzimmer und hatte zwar schon meinen Rucksack gesehen, sich aber nichts dabei gedacht. Als ich reinkam war er kurz nicht sicher, ob ich wirklich vor ihm stehe und wie es denn sein könnte. Da erzählte ich auch ihm alles, und er war froh, dass ich gut angekommen war, aber warnte mich vor dem alleine trampen. Er war nicht davon überzeugt, dass ich alleine durch die Gegend trampe und bei fremden Menschen in Autos steige, was auch verständlich ist, aber bei mir hatte es super geklappt.
Abends kam auch meine Mama nach Hause und sah meinen Rucksack (dummerweise hatte ich vergessen den wegzuräumen). Sie fragte, ob ich zu Hause wäre, aber die anderen beiden sagten nichts dazu und so wunderte sie sich nur. Als sie ins Wohnzimmer kam um draußen zu gießen, kam ich hinter der Tür hervor und begrüßte sie. Sie freute sich sehr und war komplett überrascht, mein Plan war perfekt aufgegangen. 😀 Ich erzählte ihr die Geschichte und auch sie war dem allein trampen skeptisch. Sie meinte, ich hätte doch den Zug nehmen können.
Die Zeit bei meiner Familie verging wie im Flug, ich konnte ein paar Sachen erledigen, ging mit meiner Mama und Freunden zu einem Schamanischen Trommelabend und wir feierten den Geburtstag meiner Schwester mit Freunden und Familie.
Das Morgendliche Auspacken 😀
Als ich erfuhr, wann ich das nächste Mal wieder in Dresden arbeiten müsste, war das Ende sehr plötzlich gekommen und ich bereitete alles vor. Meine Eltern waren nicht begeistert von der Idee, dass ich wieder zurück trampen wollte und versuchten mich zu überreden, einen Zug zu buchen.
Abends vor meiner geplanten Reise kam meine Mama erneut zu mir und redete auf mich ein, gab mir etwas Geld für einen Zug und meinte, dass es für mich auch entspannter wäre, da ich so einen Tag zum Ankommen hätte, bevor ich arbeiten gehen müsste. Ich ließ mich am Ende überreden, da ich dachte, wenn meine ganze Familie sich Sorgen macht, weil ich zwei Tage alleine unterwegs bin, erspare ich das allen und fahre mit dem Zug.
Auf dem Rückweg
Fazit
Im Endeffekt war es für mich wirklich besser, da ich sonst erst mittags an dem Tag angekommen wäre, an dem ich hätte Arbeiten müssen, so hatte ich noch einen Tag und konnte ausschlafen.
Die Erfahrung auf der Hinfahrt reicht fürs erste, aber ich werde auf jeden Fall noch weiter trampen, vielleicht beim nächsten Mal mit einer zweiten Person, dann macht sich auch keiner Sorgen. Ich finde aber, es hat super funktioniert in Deutschland zu trampen, die Leute waren super lieb und ich konnte mich gut mit ihnen unterhalten.
Die Strecke war auch gut, da viele große Städte auf dem Weg liegen, wo viele Autofahrer hinmöchten und mich mitnehmen konnten. Es hat super viel Spaß und mich total glücklich gemacht, dass es so gut gelaufen ist. Da ich vorher kaum Erfahrungen oder Erwartungen im trampen hatte, war ich geflashed, wie gut es geklappt hat.
Ich kann trampen in Deutschland nur empfehlen, es ist mega günstig, Du triffst viele neue Menschen und lernst ihre Geschichten kennen. Es ist mal etwas Anderes als immer nur mit Zug, Bus oder Auto von A nach B zu gelangen. Als Frau ist es aber besser zu zweit unterwegs zu sein, man weiß ja nie, welcher Mensch in diesem Auto sitzt, in das man einsteigt. Aber wenn Du auf dein Bauchgefühl hörst und nicht bei jeder Person blind einsteigst, wird es bestimmt gut funktionieren. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß bei deinen Tramperfahrungen.
Erzähl mir gerne, was Du alles erlebt hast. Vielleicht bist Du ja auch schon ein „Trampprofi“? Welche Tipps kannst Du weitergeben und wie sieht dein Fazit zum trampen aus? Schreib mir gerne in die Kommentare.
Liebe Hanna, du kannst sehr stolz auf dich sein, dass du den langen Weg so gut geschafft hast und zum trampen als Mädel ist es immer besser zu zweit zu sein. Aber genieße trotzdem deine Erlebnisse und sei so wunderbar in deinem Herzen. Hab dich lieb 😘